Authentisch sein und an sich glauben

Am Online-Podium «Women in Leadership» berichteten Absolventinnen der EHL Ecole hôtelière de Lausanne über ihre Karrieren.

  • In der Hotellerie und Gastronomie sind zwar zahlreiche Frauen tätig, in Führungspositionen jedoch nach wie vor nur wenige. (Adobe-Stock)
  • Prof. Sowon Kim ist eine der Mitbegrün-derinnen von WIL. Sie forscht und lehrt an der EHL zu Gleichstellungsfragen.
  • Claudia Greset ist als Expertin für Hotelprojekte und Innenarchitektur bei Greset Reich Hospitality Consulting (Schweiz) tätig.
  • Rubina Insam arbeitet als Senior Associate im Immobilienberatungsteam von Pricewaterhouse Coopers Schweiz.
  • Alejandra Abad arbeitet bei Amēa Villas mit dem Ziel, Investoren für ein Timesharing Luxury Hospitality Project zu finden.
  • Paola Bellia ist Gründerin und CEO von Cadesio. Die Firma stellt in Lausanne nachhaltig und respektvoll Schokolade her.

Am 8. März, am Tag der Frau, gaben vier erfolgreiche Absolventinnen der EHL Ecole hôtelière de Lausanne Tipps, was bei der Gestaltung ihrer Karrieren und Unternehmen gut und was weniger gut funktionierte. Moderiert wurde das kostenlose Online-Event, das ausschliesslich Frauen offenstand, von der ausserordentlichen Professorin Sowon Kim, einer der Mitbegründerinnen der Women-in-Leadership-Initiative (WIL). Sie forscht und lehrt an der EHL zu Gleichstellungsfragen. Das Panel war Teil dieser Initiative.

Das Thema ist nach wie vor aktuell: Derzeit sind 60 Prozent der EHL-Studierenden Frauen. Doch von den über 25 000 EHL-Alumni auf der ganzen Welt besetzen nur 17 Prozent der Frauen Führungspositionen. Diese bescheidene Zahl spiegelt die Situation in der gesamten Hospitality-Branche wider: Eine aktuelle Studie zeigt, dass nur 12 Prozent der Top-Hospitality-Positionen wie Managing Director, Präsident, Partner, Direktor und CEO von Frauen besetzt sind. Weltweit sind weniger als fünf Prozent der Top-Führungsfunktionen in Wirtschaft und Politik mit Frauen besetzt. Wie aber kommt es dazu? Neben der Nennung der Unvereinbarkeit von Familie und Karriere aufgrund der Arbeitsbedingungen meinte Paola Bellia, Gründerin und CEO von Cadesio: «Es gibt eine Diskrepanz zwischen den Eigenschaften, von denen wir glauben, dass sie zu effektiven Führungskräften gehören – wie Ehrgeiz und Selbstvertrauen – und den stereotypen Eigenschaften von Frauen wie weich, emotional oder pflegend.» Darüber hinaus seien Frauen Opfer von Gruppenbevorzugungen, da die meisten Führungskräfte Männer sind, die andere Männer tendenziell günstiger bewerten.

Weibliche und männliche Seite ausbalancieren

Paola Bellia rät anderen Frauen, sich mit Menschen zu umgeben, die immer für die Gleichstellung der Geschlechter gekämpft haben. Oder sich täglich in Selbstreflexion zu üben, um die eigenen unbewussten Vorurteile gegenüber den Geschlechtern zu identifizieren und loszuwerden. Authentizität sei wichtig, meint Alejandra Abad, Investor Relations und Consultant bei Amēa Villas. «Glaubt an euch und sprecht laut. Balanciert die weibliche und männliche Seite aus, seid herzlich, aber auch direkt. Fürsorglich und kooperativ, aber auch wettbewerbsfähig und ehrgeizig. Zeigt Emotionen, nicht nur Stärke.»

Aktiv bessere beruflicheRahmenbedingungen schaffen

Die Teilnehmerinnen raten davon ab, sich wie ein Mann zu benehmen. Gleichzeitig helfen jedoch Unsicherheit und Selbstzweifel auf dem Weg zur Karriere wenig. «Glaubt an euch», hörte man mehrmals. Zudem wurde geraten, sich laut zu wehren, wenn man aufgrund seines Geschlechts diskriminiert werde. Während Rubina Insam, Senior Associate bei Pricewaterhouse Coopers, auf ihrem Karriereweg auch von Männern aktiv unterstützt wurde, hatte Paola Bellia häufig das Gefühl, dass es keinen Raum für Emotionen oder Selbstreflexion gab. «Dies bestraft letztendlich sowohl Frauen als auch Männer. Doch glücklicherweise scheint es, als würden wir uns endlich in eine andere Richtung bewegen, in der das Wohlergehen und die Nachhaltigkeit der Menschen mehr geschätzt werden als ein lediglich gewinnorientierter Ansatz.»

Sowon Kim, Expertin für Gleichstellungsfragen, meinte dazu: «Empirische Belege zeigen, dass der organisatorische Kontext eine entscheidende Rolle bei der Zunahme oder Verringerung sexueller Belästigung spielt.» Die Unternehmenskultur sei wichtiger als alle Richtlinien zusammen. Um Frauen auf ihrem Karriereweg zu unterstützen, hat die Professorin mit Leading Hôtelières von Hôteliers Guild der IUBH-Fachhochschule in Deutschland und dem Institut Paul Bocuse in Frankreich Young Hôtelières Insights (YHI) ins Leben gerufen. YHI ist ein Raum für angehende weibliche Führungskräfte im Gastgewerbe. Dort können sie sich über Ideen, Trends, Überlegungen und aktuelle Themen zur Entwicklung der Branche austauschen.

(Sarah Sidler)


Women in Leadership Initiative WIL

WIL setzt sich ein für die Gleichstellung der Geschlechter. Sie behandelt Themen wie Führungsdiversität, Verwaltung von Arbeit/Familie, flexible Arbeits-regelungen und sexuelle Belästigung.

www.hospitalityinsights.ehl.edu/celebrating-iwd-women-leadership