An der ersten Gastro-Tagung vom Schweizerischen Tierschutz zeigte sich, dass das Tierwohl in Restaurants langsam aber sicher zum Thema wird.
Der Gastrosuisse-Branchenspiegel weist aus, dass tierische Produkte, insbesondere Rind- und Schweinefleisch, Poulet und Fisch ganz oben auf dem Speisezettel von Herrn und Frau Schweizer im Ausser-Haus-Konsum stehen. Sie machen gar 20 Prozent des Umsatzes der Gastronomen aus.
Laut Hansuli Huber, Geschäftsführer des Schweizerischen Tierschutzes (STS), erleben Gäste mit gewissen Ansprüchen ans Tierwohl aber oft Enttäuschungen, wenn sie auswärts essen gehen: «In vielen Restaurants fehlen Labelfleischmenüs. Selbst in der gehobenen Gastronomie werden dem Gast nicht selten Fleisch, Eier und Käse aus ausländischer Massentierhaltung angeboten, welche nicht einmal die Minimalauflagen der eidgenössischen Tierschutzgebung erfüllen.» Er macht den Wirten jedoch keinen Vorwurf, denn häufig seien Gastronomen selbst die Betrogenen. «Gewisse Gastro-Zulieferanten und -Importeure bescheinigen ihren Kunden beim Importfleisch gerne korrekte Tierschutzbedingungen. Dabei kennen sie die Verhältnisse vor Ort gar nicht.»
Leider werde auch nicht alles Schweizer Fleisch tiergerecht produziert. «Weil zudem nicht genügend Gastronomen explizit nach Labelfleisch fragen, bieten viele Gastro-Zulieferanten primär Import- und konventionelle Inlandsprodukte an», sagt Hansuli Huber weiter. Dabei wären laut einer vom STS geführten Umfrage 50 Prozent bereit, mehr für tiergerecht produziertes Fleisch zu bezahlen.
Beides bestätigte Christian Keller-Hoehl, Supply Chain Operations Director der SV Schweiz, an der Tagung. Auch eine von ihnen geführte, repräsentative Umfrage habe aufgezeigt, dass die meisten Gäste bereit seien, mehr für fair produziertes Fleisch zu bezahlen. «Doch für die Gastronomie sind Artikel mit Tierwohl-Label praktisch nicht erhältlich. Das wollen wir ändern.» In Zusammenarbeit mit dem STS hat SV Schweiz einen Plan entwickelt, um das Tierwohl im eingekauften Warenkorb stufenweise zu erhöhen. Dabei gilt es, vor allem auf der Beschaffungsseite die für die Gastronomie benötigten Produkte in der entsprechenden Menge zu entwickeln. «Besteht das Angebot, können auch kleinere Gastrobetriebe dieses Labelfleisch bestellen», so Christian Keller-Hoehl.
Im Saal wurde der Ruf laut, Gastronomen mögen doch betreffend Labels und Herkunft von Fleisch geschult werden. Sascha Schwarzkopf, Leiter Wirtschaftspolitik bei Gastrosuisse, sieht diesbezüglich Potenzial in der Branche. Er möchte Gastronomen Wege zum Tierwohl besonders in der Aus- und Weiterbildung weitergeben. Er zeigte sich bereit, den Mitgliedern ein an der Tagung erarbeitetes Verzeichnis von tierfreundlichen Lieferanten zu schicken.
Das Restaurant/Bar Magdi in Luzern benötigt diese Liste nicht: Seit einigen Jahren wird in der ehemaligen Spelunke in der Luzerner Altstadt ausschliesslich mit Bio-Fleisch gekocht. Dieses bezieht das Lokal vom nahen Ueli-Hof, der nach selbst gesetzten Richtlinien Fleisch produziert, die über diejenigen der Bio-Knospe hinausgehen. «Unsere Gäste, meist Stammgäste, bezahlen gerne mehr für das Fleisch, wenn sie die Geschichte dahinter erfahren», erklärte die Köchin des Betriebs Sylvie Mauruschat.
Ganz klar im Sinne des Tierwohls und auch von immer mehr Gästen sind vegetarische und vegane Gerichte. Dass sich damit gut Geld verdienen lässt, zeigten die Schwestern und Inhaberinnen des veganen Restaurants Elle’n’Belle Elif und Sibel Erisik auf: «Schon zwei Monate nach Eröffnung unseres Betriebs in Zürich mit 130 Innen- sowie 100 Aussenplätzen schrieben wir schwarze Zahlen. Der Umsatz steigert sich bis heute stetig.» Ins gleiche Horn blies Christian Frei, Gastronom und Mitbegründer der Tibits AG. Rund 16 Jahre nach der Gründung des vegetarischen und immer mehr veganen Restaurants arbeiten nun 450 Personen in ihren sieben Betrieben.
Raphael Lüthy, Koch und Geschäftsführer des veganen Hotels Swiss in Kreuzlingen, berät und unterstützt Betriebe unter dem Label Educhefs. Dabei geht es um Schulung der Köche und Rezept- entwicklung bis zur vollständi-gen Ökologisierung des Betriebs. «Vegan steht für innovative Betriebe», so Lüthy.
(Sarah Sidler)
Weitere Informationen sowie die Liste der tierfreundlichen Lieferanten finden Sie unter: <link http: www.tierschutz.com>www.tierschutz.com.