In der Bergwelt des Himalaja sind Lebensmittel knapp. Alles wird verwendet. Durch den Einsatz einer breiten Gewürzpalette entstehen erfrischende, fruchtige und auch sehr pikante Gerichte.
Illustration Pierina Bucher.
Politische Wirren trieben Heera Bal Gurung und seine Frau Yukta Kumari Gurung in die Flucht. Im Jahr 1993 verliessen sie ihre Heimatstadt Pokhara. Dort, im geografischen Mittelpunkt Nepals, bieten die umliegenden Hügel eine aussergewöhnliche Sicht auf den nahen Himalaja-Hauptkamm mit den drei Achttausendern Dhaulagiri, Annapurna und Manaslu. Über Frankfurt (DE) und die Niederlande kamen sie 1995 nach Bern. Im Durchgangsheim und später in der Migros-Klubschule lernten sie Deutsch. Damals war das Asylwesen noch anders organisiert und Heera Bal Gurung arbeitete in der Flüchtlingsbetreuung. Später wechselte er als Réceptionist und Night Auditor in die Hotellerie. Yukta Kumari Gurung arbeitete in der Küche des Hotels auf dem Gurten – am liebten in der Pâtisserie.
Die im Privaten grosszügigen Gastgeber wagten im Jahr 2019 den Schritt in die Selbständigkeit und eröffneten an der Thunstrasse 93 ihr Restaurant Pokhara Nepali Kitchen. Er betreut die Gäste, sie leitet die Küche. «In Nepal gibt es drei verschiedene Küchenstile», erzählt Heera Bal Gurung. «Im Südosten ist der Einfluss Indiens mit seinen Currys gross. Rund um die Hauptstadt Kathmandu essen die Menschen immer mehr Pizza und Burger. Bei uns bieten wir Gerichte mit dem ursprünglichen Geschmack der Bergregion an.»
Momos (Bild) gibt es im «Pokhara» mit verschiedenen Füllungen. Eine davon besteht aus Büffelfleisch – so wie in Nepal die Teigtaschen ursprünglich gefüllt werden. Eine weitere Spezialität sind Thali, eine Variante des Nationalgerichts Dal-Bhat-Tarkari, ein Curry mit Linsen (Dal), Getreide (Bhat) und Gemüse ( Tarkari). Im «Pokhara» gibt es die Thali vegan, mit Poulet an Zitronengras, Lamm oder Büffel mit Auberginen. «Zu jedem Thali kombinieren wir ein anderes Gemüse», sagt Heera Bal Gurung. Auch die Art und Farbe des dazu servierten Linsengerichts variiert. Dazu werden Chutneys und Pickles gereicht. Ingwer, Limetten, Koriander und Chili sind wichtige Gewürze.
In Nepal trinkt man zum Essen meist Wasser. «Wird Wein bestellt, erhalten die Frauen Weisswein und die Männer Rotwein», erklärt Heera Bal Gurung eine nepalesische Besonderheit. In seinem Restaurant empfiehlt er Weine aus der Sherpa Collection der Domaines Chevaliers aus Salgesch/ VS. Mit einem Teil des Erlöses unterstützt deren Swiss Sherpa Foundation Bergvölker.
Die Familie Gurung hat in der Schweiz viele neue Freunde gefunden, ist bestens integriert und liebt die Berge. «Bern mit dem Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau erinnert ein bisschen an Pokhara», erzählt Heera Bal Gurung. «Wir gehen gerne wandern.» Auch ihr Sohn, der als Abteilungsleiter in einem Bergsportgeschäft arbeitet, ist jede freie Minute in den Alpen. Und die Familie schätzt auch die Schweizer Küche. Vor allem Fondue im Winter.
(Gabriel Tinguely)