Um im anspruchsvollen Umfeld der Hotellerie Bestand zu haben, wird Hotelier Kurt Baumgartner nicht müde, über den Tellerrand hinauszudenken.
Kurt Baumgartner, Sie sind Besitzer der Belvédère Hotels in Scuol. Sie beschäftigen 160 Mitarbeitende. Mit 300 Betten generieren Sie rund 75 000 Logiernächte, was 70 Prozent Auslastung entspricht. Das sind bemerkenswerte Zahlen.
KurtBaumgartner: Wir sind gerade mal so erfolgreich, wie es ein Hotelbetrieb eigentlich sein sollte. 70 Prozent Auslastung sind okay. Vor der Finanzkrise waren es jedoch zwischen 80 und 90 Prozent.
Woher rührt Ihr Erfolg?
Zu Beginn unserer Karriere gelang es uns, unsere Projekte mittels eigener Immobilien querzufinanzieren. Und anstatt uns eine Dividende auszubezahlen, investierten wir die Gewinne in unsere Hotelprojekte. Durch das Aufrechterhalten einer zeitgemässen Infrastruktur konnten wir dann die Auslastung steigern. Zudem ist es uns mit der Integration diverser Anbieter und Leistungen gelungen, eine eigene Ferienwelt zu schaffen und damit die Auslastung so zu steigern, dass die Betriebe das ganze Jahr über betrieben werden können.
Sie sprechen zum Beispiel von der Zusammenarbeit mit dem «Mineralbad Bogn Engiadina», das Hotelgäste im Bademantel über eine eigens dafür gebaute Passerelle erreichen können?
Ja, dank dieser Zusammenarbeit konnten wir auf eine eigene Anlage verzichten. Wir bezahlen dem Bad eine Pauschale und inkludieren den Mehrwert in unsere Zimmerpreise.
Womit kämpfen viele Hotels?
Berghotels sind meist sehr klein und kämpfen mit äusserst schwierigen Rahmenbedingungen. Nicht verwunderlich, können sich Kleinbetriebe doch kaum Fachkräfte leisten, die sich in Marketing verstehen und für die Herausforderungen der Digitalisierung gewappnet sind.
Ein Teufelskreis.
In der Tat. Ohne Gäste, kein Ertrag. Ohne Ertrag, keine Investition. Ohne Investition, keine Innovation. Und die Gäste bleiben fern.
Wie kann man dieser Negativspirale entkommen?
Indem man, wie am Beispiel des Engadiner Mineralbads erläutert, Kooperationen eingeht. So sind zum Beispiel das ganze Jahr über die Bergbahnen inkludiert, Skipass inklusive. Im Sommer können Gäste kostenlos den ÖV nutzen. Zudem betreiben wir einen gemeinsamen Werbepool mit Hotels, Postauto, RhB, Bergbahn und Bad. Nebst dem Mehrwert für den Gast werden die Kosten unter den Kooperationspartnern geteilt.
Setzen Sie auf Partnerschaften innerhalb des Resorts?
Wir führen ein Sportgeschäft, für das wir Bikes kaufen, während sich die Profis um deren Vermietung, Verkauf und Wartung kümmern. Damit die Gäste im Fitnesscenter professionell betreut werden, bezahlen wir eine Pauschale. Der Vorteil: Wir müssen keine teuren Geräte anschaffen und in Schuss halten. Die verpachtete Vinothek betreiben wir mit Umsatzgarantie. Zudem pflegen wir Partnerschaften mit dem Friseur und einem Kunstladen. So können wir mit einem tollen Angebot aufwarten, und die Geschäfte wiederum profitieren von den Gästen.
Das klingt sinnvoll. Doch was haben kleine Hotels davon?
Wir haben viele Dienste zentralisiert, an die sich auch externe Betriebe anhängen könnten. Obwohl unsere drei Hotels individuelle Nischen besetzen, führen wir ein Personalwesen, ein Reservationsbüro, ein Housekeeping, ein Finanzwesen und ein Marketing. Die kleinen Hotels könnten sich die einzelnen Dienste nicht leisten. Doch vom Mehrwert geteilter Kosten profitieren alle, auch die Gäste.
Sie erzählen aus dem Nähkästchen, machen Sie nur weiter.
(lacht) Ich teile meine positiven Erfahrungen gerne. Obwohl wir mehrheitlich Schweizer Gäste beherbergen, dürfen wir uns auch der internationalen Klientel nicht verschliessen. Wir bearbeiten deshalb im Verbund mit 30 weiteren Hotels die Märkte Asien, Golfstaaten und «Best Ager» USA. Zudem lohnt es sich, die Zulieferer zu bündeln. So beziehen wir 80 Prozent der Produkte von nur einem Lieferanten. Und dank unserer Grösse können wir gegenüber unseren touristischen Partnern als gleichwertige Partner auftreten.
Mit welchem Gefühl blicken Sie in die Zukunft?
Die Babyboomer-Generation hat gut verdient und kommt jetzt ins Pensionsalter. Das kommt auch dem Tourismus zugute. Zudem ist das Engadin doch schlicht zu schön, als dass man es nicht mehr besuchen würde.
(Interview Andrea Decker)
Kurt Baumgartner ist Gastgeber und Besitzer der Belvédère Hotels Scuol mit den Hotels Belvédère, Belvair und Guarda Val. Ein weiteres Hotel in Pontresina ist in Planung. Seit dem Kauf der Hotels 1999 investierte er rund 70 Millionen Franken in sein Unternehmen. Kurt Baumgartner gehört zu den mutigsten und kreativsten Hoteliers der Schweiz, weshalb er 2018 zum Hotelier des Jahres gewählt wurde.