Auch wenn es derzeit nicht danach aussieht, geben unsere Äcker aktuell wunderbar schmackhafte, teils rare Gemüse her. Haben Sie schon Haferwurzel, Helianthi oder Erdmandeln verarbeitet?
Chips aus Federkohl, geröstete Kürbisscheiben mit Burrata an einer Granatapfelsauce oder Crespelle mit Schwarzwurzeln – Wintergemüse ist vielseitig und schmackhaft. Wer dabei nur an Karotten, Sellerie und Kartoffeln denkt, hat weit gefehlt. Auch Pastinaken, Topinambur und Chinakohl zählen zu den Gewächsen, die im Winter frisch in der Schweiz geerntet werden. Topinambur hat sich laut Tiziano Marinello vom gleichnamigen Zürcher Gemüselieferanten zum Verkaufsschlager gemausert: «Obwohl wir im Vergleich zum Vorjahr viel weniger Gemüse umsetzen, verkaufen wir mehr Topinambur.» Neben verschiedenen Sorten und Farben des Sonnenblumengewächses verkauft der Gemüsehändler eine nahe Verwandte der Topinambur – die Sonnenwurzel Helianthi. Beide verfügen über einen Artischockengeschmack. Neu wächst die mit der Topinambur verwandte Wurzel YacÓn in der Schweiz. Diese stammt ursprünglich aus Südamerika. Ebenso wenig bekannt ist die Haferwurzel. Obwohl sie ähnlich aufwendig wie die Schwarzwurzel zubereitet werden muss, lohnt sich die Arbeit. «Sie wird auch Austernwurzel genannt, weil sie leicht fischig schmeckt», verrät Tiziano Marinello. Wie gut frische Rettichblätter schmecken, zeigte ihm eine Koreanerin. Doch auch ein frischer Spitzkabis und eine rohe, knackige Rande seien wunderbar.
Wie gut Schweizer Wintergemüse in allen Varianten schmeckt, weiss Melanie Kempf. «Wann immer möglich beziehen wir Gemüse vom nachhaltigen Landwirtschaftsbetrieb Slow Grow im Zürcher Oberland», erläutert die stellvertretende Geschäftsführerin der Wirtschaft im Franz in Zürich. An den vier «Gmüeseten» jährlich werden die Vielfalt und der Geschmack von allem, was auf Matthias Hollensteins Äckern wächst verarbeitet. Es sei unglaublich, wie viel Geschmack darin stecke. «Die ‹Gmüeseten› sind immer schnell ausgebucht und begeistern die Gäste», so Melanie Kempf.
Vor den Feiertagen haben sich die «Franzköche» spontan dazu entschlossen, die Lebensmittel in der Vorratskammer in Eintöpfe mit Gemüse von Slow Grow zu verwandeln und über die Gasse zu verkaufen. «Innert drei Stunden waren wir ausverkauft», freut sich Melanie Kempf über das schöne Zeichen und den finanziellen Rückenwind. Aktuell verkauft das Lokal seine berühmte vegane Gemüsebolo mit Zitronenbröseln. Der Verkauf der Eintöpfe mit hiesigem Wintergemüse verhilft nicht nur der Wirtschaft durch die schwierige Zeit, sondern auch dem Produzenten zu mehr Umsatz.
Da Holenstein derzeit weniger in die Gastronomie verkauft, lancierte er ein Gemüseabo – eine Möglichkeit, eine Auswahl seiner Spezialitäten zu Hause kennenzulernen, um sie dann später im Betrieb zu verarbeiten. Köche wie Markus Burkhard, (ehemals Restaurant Jakob in Rapperswil/SG und im Zürcher «Cream») schwören auf sein Gemüse.
(Sarah Sidler)