«Hotels brauchen mehr Harmonie»

Die Unternehmensberaterin Lisa Boje und ihre Geschäftspartnerin Marina Hobi haben sich aufs Harmonisieren von Hotels und Restaurants spezialisiert.

Lisa Boje kennt das Gastgewerbe. Sie lernte ursprünglich Hotelkauffrau. (ZVG)

Lisa Boje, was machen Hotelharmonisiererinnen und warum braucht es sie?
Lisa
Boje: Es gibt viele Hotels und Restaurants, die toll eingerichtet sind und ein spannendes Konzept haben, jedoch fehlt ihnen die Seele. Es gibt auch Betriebe, die zwar Persönlichkeit haben, sich aber optisch oder konzeptionell schlecht präsentieren. Solche Betriebe schöpfen ihr Erfolgspotenzial zu wenig aus. Wir unterstützen Betriebe dabei, strukturelle, organisatorische, kommunikative und personelle Disharmonien und Diskrepanzen aufzudecken und zu beheben. 

Wie gehen Sie dabei vor?
Wir analysieren alle Betriebsbereiche – von der Einrichtung über die Produktgestaltung und Vermarktung bis zu den Arbeitsabläufen und zur Mitarbeiterführung. Vor und hinter den Kulissen sammeln wir Eindrücke, führen anonymisierte Interviews  mit  Mitarbeitenden und dem Kader. Dann erarbeiten wir Vorschläge zur Steigerung der Harmonie im Betrieb. Unser Ziel ist es, im ganzen Unternehmen eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen gerne, oft und lange aufhalten. Und zwar Gäste wie Mitarbeitende.

Warum legen Sie den Fokus so stark auf die Mitarbeitenden? 
Weil Harmonie im Betrieb – und damit der wirtschaftliche Erfolg – stark von den Mitarbeitenden abhängt. Herrscht Disharmonie,  spüren die Gäste das und reagieren darauf. Arbeitgeber müssen umdenken und Mitarbeitenden nicht bloss als Kostenstelle sehen, sondern als wichtige Ressource, die es zu pflegen, im Betrieb zu halten und zu nutzen gilt.
 
Wie schafft man das?
Wir stellen die Mitarbeitenden und ihre Leistungen vermehrt in den Mittelpunkt. Wie, das ist von Betrieb zu Betrieb verschieden. Die einen setzen ihre Mitarbeitenden online in Szene, andere bauen eine Showküche ins Restaurant. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden Wertschätzung erfahren. Das steigert ihre Engagementbereitschaft und das wiederum wirkt sich positiv auf  das Wohlbefinden der Gäste und damit auf den Betriebserfolg aus. 
 
Matchentscheidend sind also die Softfaktoren? 
Ja, denn das Gastgewerbe kann es sich nicht mehr leisten, unsensibel zu sein. Wer Fachkräfte finden und halten will, muss mehr tun als regelmässig Lohn zu bezahlen. Und auch die Gäste erwarten mehr als bloss saubere Zimmer und gutes Essen. Warum ist das Bedürfnis nach Harmonie heute so gross? Je technischer und komplexer der Alltag, desto grösser der Wunsch nach Geborgenheit, Verlässlichkeit und Harmonie. Die Menschen möchten sich nun mal willkommen und gut aufgehoben fühlen. 

Wo sind Ihrer Erfahrung nach die unharmonischsten Bereiche in einem Hotel?
Der grösste Handlungsbedarf in Sachen Infrastruktur herrscht ganz klar in den Mitarbeiterbereichen. Etwa bei den Garderoben, Personalzimmern und Pausenräumen. Die Infrastruktur  für die Gäste ist in der Regel gut. Hier gilt es eher, Dienstleistungen zu harmonisieren. Die Gäste sehnen sich nach positiven Erlebnissen und Glücksmomenten. Wer es schafft, Gäste mit einzigartigen, zu seinem Betrieb passenden Erlebnissen emotional abzuholen – also UEP* zu schaffen –, ist im Vorteil.

Bitte geben Sie uns ein Beispiel für ein solches UEP. 
Da fällt mir spontan ein grosses Parkhaus in Salzburg ein. Wir durften dort eine komplette Parkebene gestalten. Mit wandfüllenden Hochglanzdrucken und Lichtinstallationen wurde eine Erlebniswelt geschaffen. Das leidige Parkplatzsuchen macht plötzlich Spass. Die Autofahrer können sich jetzt besser merken, wo sie ihren Wagen abgestellt haben. Im Parkhaus herrscht eine positive Stimmung, und es wirkt sogar abends einladend. Das alles führte zu mehr Frequenzen und einer besseren Auslastung des Parkhauses, besonders auf dieser Etage.

(Interview Riccarda Frei)
 

*UEP = Unique Emotional Proposition, emotionales Alleinstellungsmerkmal


Zur Person

Lisa Boje ist seit 15 Jahren als Organisationsentwicklerin tätig. Seit 2012 arbeitet sie zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin Marina Hobi hauptsächlich fürs Gastgewerbe. Gemeinsam sind die beiden seit 2019 als «Die Hotelharmonisierer» unterwegs. Lisa Boje produziert zudem einen Blog und Expertenpodcasts für Gastgeber.


Mehr Informationen und Podcasts unter:
www.die-hotelharmonisierer.com/podcast