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In Zürich geht’s um die Wurst

Ein neuer Nachbar sorgt für Konkurrenz – und damit für Unmut.

Hallo, Nachbar: Der «Francis»-Grill steht gleich neben dem «Sternen Grill». (ZVG)

Da steht er nun also. Der silbergraue Container mit der Aufschrift «Francis – Know-how seit 1934». Prominent vor dem Globus am Zürcher Bellevue werden hier seit diesem Herbst Würste gegrillt und als Take-away verkauft. Die Idee eines Wurststands mit Produkten aus nachhaltig produziertem Schweizer Fleisch kam dem Unternehmer Michael Bühler vor einem Jahr. Die Würste stammen von Metzgermeister Urs Keller. Als Geschäftspartner steht die Miteinander GmbH, die in Zürich mehrere Gastronomie-Konzepte betreibt, dahinter. «Uns ist es gelungen, eine Wurst aus hundert Prozent Kalbfleisch herzustellen. Das ist gar nicht so einfach und macht uns stolz», erklärt Urs Keller. Auch eine Käsewurst, eine Räucherwurst mit Chili und eine Salsiccia sowie Kellers «Wiedikerli» brutzeln hier auf dem Grill. Der Container bleibt vorerst bis Ende Jahr am Platz, eventuell auch länger.

Klingt lecker. Wäre da nur nicht die unmittelbare Konkurrenz. Exakt hundert Meter neben dem «Francis» versorgt der «Sternen Grill» seit 1963 seine Kundschaft mit Bratwurst, Cervelat und Co. Zwar ist Konkurrenz für den «Sternen Grill» nichts Neues: Sechs Gehminuten entfernt steht gleich am Seeufer mit Michel Péclards «Pumpstation» ein weiterer, beliebter Grillstand. Dass nun aber heisse Würste über die Gasse in so unmittelbarer Nachbarschaft verkauft werden, sei eine ganz andere Situation. «Grundsätzlich haben wir gar kein Problem betreffend Konkurrenz. Sie belebt das Geschäft und bringt Frequenz», hält Geschäftsleiter Victor Steffenelli fest. «Was auffällt, ist der etwas marktschreierische Auftritt, der bestimmt ganz vielen Leuten gefällt. Aber wie kann sich ein Geschäft, das erst seit einem Jahr besteht, ‹Know-how seit 1934› auf die Fahne schreiben?»

E-Nummern im «Wiedikerli» 

Vor der Eröffnung habe sich niemand von «Francis» beim «Sternen Grill» gemeldet. Steffenellis Vermutung: «Vielleicht besteht ein kleines Ressentiment uns gegenüber. Bis vor einem Jahr hatten wir Kellers ‹Wiedikerli› im Angebot. Da sich in der Zusammensetzung sieben E-Nummern befinden, strichen wir das Produkt.» Keller bestätigt: «Ja, in den ‹Wiedikerli› gibt es zugunsten der Qualität der Wurst einige wenige E-Stoffe. Jedoch nur so wenig wie nötig und in gesundheitlich absolut unbedenklichem Mass.»

Steffenelli glaubt nicht, dass er viele Kunden verliert. «Bestimmt wird ein Teil unserer Kundschaft die eine oder andere Wurst von ‹Francis› probieren und ebenso bestimmt werden viele wieder bei uns einkehren und dann unser Angebot umso mehr schätzen.»

Keller freut sich, dass Zürich nun über eine lebendige städtische Wurst-Kultur an bester Lage verfüge, bei deren Anbieter es viele verschiedene Wurstvariationen zu entdecken gebe. «Wir sind der Überzeugung, dass der ‹Sternen Grill› mit seinem konstant guten, jahrelang erprobten und klassischen Angebot genauso wie ‹Francis› mit seinem etwas neueren und speziellen Wurstangebot viele Wurstliebhaber bestens bedienen kann.» Steffenelli hingegen zweifelt an dieser Aussage: «Das ‹Francis›-Konzept muss sich zuerst im Alltag unter Beweis stellen und tagtäglich Top-Qualität anbieten. Mal schauen, ob dies gelingt.» 

(Benny Epstein)