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Liestal im Genussrausch

Vom 15. bis 25. September findet die 16. Schweizer Genusswoche statt. Seit zwei Jahren bereitet sich der Baselbieter Kantonshauptort darauf vor. So sieht das gastronomische Feuerwerk aus.

  • Die Baselbieter Küche hat mehr zu bieten als allgemein bekannt ist, wie etwa diesen Erbsenstampf auf Randenbeet. (Tina Sturzenegger, AT Verlag)
  • Ein kulinarischer Baselbieter Genuss: dünn gehobelter Bärlauch-Kalbskopf. (Tina Sturzenegger, AT Verlag)

Mit der Region Basel ist es so eine Sache. Wer in diesem Landesteil daheim ist, kennt den Unterschied zwischen Stadt und Land. Die Hülftenschanze, Kriegsschauplatz der nachfolgenden Kantonstrennung der beiden Basel, bildet auch bald 200 Jahre später einen unüberwindbaren, symbolischen Graben. Die politische Entzweiung spaltet zwar seit damals die Bevölkerung von hüben und drüben, nicht aber das kulinarische Erbe. Gibt man beispielsweise auf der Homepage patrimoineculinaire.ch, wo das kuli­narische Erbe der Schweiz aufgelistet ist, den Kanton Baselland ein, erscheinen bekannte Spezialitäten, die in beiden Halbkantonen beheimatet und oftmals schweizweit bekannt sind: Basler Brot, Basler Läckerli, Hefegugelhopf, Rahmtäfeli oder Buttenmoscht. Es gibt aber auch typische Spezialitäten, die ausschliesslich dem Baselbiet zugeordnet werden können: Burgermeischterli, ein doppelt gebrannter Kräuterschnaps mit Anisgeschmack, oder Cola-Fröschli, 1938 im Baselbiet erfunden und seither schweizweit vertrieben.

Erfolgreiche Lancierung der Genusswoche

Trotz dieser auf den ersten Blick mangelnden typischen Baselbieter Spezialitäten weiss die Region durchaus ihre Genüsse hochzuhalten. Das zeigt die Baselbieter Genusswoche, die 2013 im Rahmen der sich schweizweit ausbreitenden Bewegung «Die Genusswoche» erstmals lanciert wurde. Der Anlass hatte dank eigenem Marktauftritt und einem starken Organisationskomitee von Beginn weg viel Schwung und etablierte sich rasch. Mit der Ernennung zur «Genussstadt 2016» ist nun ein Höhepunkt erreicht worden.  Tobias Eggimann, Geschäftsführer von Baselland Tourismus, sagt dazu: «Gemeinhin ist Liestal zwar nicht unbedingt als Genusshochburg bekannt. Trotzdem lässt sich der ‹Titel› gut erklären.» Zum einen habe Liestal historisch betrachtet als früherer Alpen-Transit-Ort eine grosse gastronomische Vergangenheit. Zum anderen gäbe es auch heute im Ort noch einige wirklich gute Restaurants. Zudem hätten in letzter Zeit moderne Cafés mit eigenständigen Konzepten Einzug im «Stedtli» gehalten, wie beispielsweise das vegetarisch-vegane Café Natürlich oder das «Mooi» des Kulturhotels Guggenheim.

Vom Siegeszug der Baselbieter Genusswoche zeigte sich auch Josef Zysiadis, Direktor der landesweiten Genusswoche, beeindruckt und fragte Ende 2014 Liestal an, ob es nicht 2016 als Hauptstadt auftreten wolle. Am Donnerstag, 15. September, wird die «Baselbieter Genusswoche» in der Liestaler Altstadt mit einer grossen Degustation eröffnet, zu der die ganze Bevölkerung eingeladen ist. Während der darauffolgenden elf Tage warten Bauern, Winzer, Bäcker, Metzger, Gastronomen und alle, denen das kulinarische Schaffen im Baselbiet am Herzen liegt, in der ganzen Region mit über 100 Veranstaltungen auf.

Fulminanter Schlussanlass in der Pipeline

Der krönende Abschluss findet mit der «Langen Tafel» in Liestal statt. Dabei werden Stühle und Bänke der ganzen Rathausstrasse entlang, vom Regierungsgebäude bis zum oberen Stadttor, aufgestellt. Am Anlass selber werden gegen 700 Teilnehmende erwartet, die an der über 200 Meter langen Tafel mitten in der Altstadt Platz finden.

Um die Genusswoche das ganze Jahr über zum Thema zu machen, präsentierte das Organisationskomitee im Jahresverlauf monatlich kulinarische Veranstaltungen. Hervorzuheben ist beispielsweise der «Genuss am Chienbäse». Der «Chienbäse» ist ein spezieller Liestaler Fasnachtsbrauch, der alljährlich von weit her rund 50 000 Besucher anlockt. Immer am Vorabend des Basler Morgenstreichs werden brennende Besen aus Föhrenscheiten (Kiefernholz) die Liestaler Altstadt heruntergetragen, ihnen folgen eiserne Feuerwagen, die mit jeweils mehreren Ster brennenden Holzes beladen sind. «Bei diesem Anlass präsentierte gut ein Dutzend lokaler Produzenten ihre Produkte», so Eggimann. Gute Rückmeldungen sind auch vom «Kulinarischen Zirkel» verzeichnet worden, ein eigentliches Dinner-Hopping: Am selben Abend werden vier Gänge in vier verschiedenen Restaurants serviert.

Unerwartete kulinarische Fülle

Womit kann denn die Region kulinarisch punkten? Tobias Eggimann beantwortet diese Frage so, wie es andere Einheimische auch tun: «Das ist die Gretchenfrage.» Die alten Rezepte entstammen einer Arme-Leute-Küche und haben es nicht weit in die Welt hinaus geschafft. «Und trotzdem gibt es viele leckere Gerichte wie Lummelbraten (Rindsfilet) oder Laubfrösche (Krautwickel), die heutzutage aber nur wohl informierten Gourmets aus der Region bekannt sind», so Eggimann.

Einer, der weiss, dass das kulinarische Erbe beider Basel vielfältiger ist als allgemein wahrgenommen, ist der Autor Dominik Flammer, der zu Ehren der Genusshauptstadt Liestal das Buch «Dinkelreis & Pfefferchirsi» geschaffen hat. Zusammen mit seinem Team hat er in einer dreijährigen Recherchearbeit die Küche beider Basel sorgfältig begutachtet, alte Rezepte gesammelt, Produzenten besucht und interviewt. «Das kulinarische Erbe dieser regionalen Küche ist sehr umfangreich», so Flammer. Auffallend ist die Brotkultur von Stadt und Landschaft, die von Urgetreidesorten wie Dinkel und Einkorn geprägt ist. Getreide, das heute wiederentdeckt wird. Wie etwa von der Familie Thommen vom Bio-Hof Dangern in Eptingen. Seit 2007 pflanzt sie Bio-Urdinkel an und vermarktet ihn als Kernotto. Thommens Dinkelprodukte haben mittlerweile auch den Weg in die Spitzengastronomie gefunden und gehören zu den innovativsten Weiterentwicklungen der hiesigen Landwirtschaft.

Neben solchen Produzenten finden auch Rezepte von Spitzenköchen aus Stadt und Land Eingang in Flammers Buch. Am Abschlussanlass, an der «Langen ­Tafel» von Sonntag, 25. September, wird übrigens aus dem Buch gekocht. 

(Ruth Marending)


Ausgewählte Anlässe schweizweit

Piazza Grande, Locarno

Festival del risotto.
Samstag, 10. September, 18.30 Uhr, und Sonntag, 11. September, ab 11 Uhr.  

Gasthof Alte Post, Zillis

Capuns-Wickel-Atelier mit anschliessendem Essen.
Freitag, 16. bis Montag, 19. September, sowie Freitag, 23. und Samstag, 25. September, jeweils 17 Uhr.

Kaffa Werkstatt, Kriens

Kaffee-Workshop.
Freitag, 16. September, 19 bis 21 Uhr.

Münchwilen

Thurgauer Gourmet-Wanderung. Entlang der zehn Kilometer langen Wanderroute befinden sich fünf Genuss-Stationen.
Samstag. 17. September, 10 bis 14 Uhr.

Merian-Gärten, Basel

Experimentelle Gastronomie. Spitzenköchin Tanja Grandits kreiert ein rein pflanzliches Menü mit biologischen, regionalen Produkten.
Mittwoch, 14. und Donnerstag, 15. September, 19 Uhr.


Mehr Informationen

<link http: www.baselbieter-genusswoche.ch>www.gout.ch
www.baselbieter-genusswoche.ch