Josef-Marie Chanton hat immer Heida im Gepäck

Während Jahrzehnten war er selbständiger Winzer und hat alte Walliser Rebsorten gerettet. Heute ist er als Weinbauexperte weltweit gefragt.

Sein Einsatz für vergessene Walliser Rebsorten brachte Josef-Marie Chanton den Übernamen «Archäologe des Schweizer Weins» ein. (ZVG)

In Nepal müssen wir die Erträge in den Griff bekommen. Dann steht Qualitätswein nichts mehr im Wege. Das sagt Josef-Marie Chanton. Der Selbsteinkellerer aus Visp/VS hat seinen Weinbaubetrieb 2008 an Sohn Mario übergeben und betreut seither Projekte für Senior Expert Contact (SEC). Im Mai 2012 absolvierte er einen ersten Einsatz in Honduras, und im November des gleichen Jahres trat er eine Reise nach Bolivien an. Dort in Samaipata, auf 1650 Meter über Meer, half er Einheimischen beim Aufbau von Weingütern. «Einer war ein Investor, dessen Traum ein eigenes Weingut war und der dafür 25 Hektaren unbebautes Land erworben hatte», erzählt Chosy, wie ihn alle nennen. «Mit Pickeln und Schaufeln haben wir Terrassen angelegt.» Nach dem Bepflanzen der Rebberge halft Mario Chanton beim Bau einer funktionstüchtigen Kellerei mit. Auch Chosy Chantons Frau Marlis ist als Lehrerin im Einsatz für SEC. 

«Alte Sorten sind resistenter gegen Pilzkrankheiten.»
 

«Die erste Ernte fiel sehr klein aus. Viele Jungreben verdorrten, weil sie nicht bewässert wurden. Dann richtete der Mehltau grossen Schaden an. Aus den Sorten Cabernet Sauvignon, Merlot, Pinot Noir, Tempranillo, Tannat sowie Criolla entstand eine ganz passable Assemblage», erinnert sich Chosy Chanton. «Heute ergibt der Tannat einen kräftigen Rotwein, der mir ganz gut gefällt.»

Retter zahlreicher, vergessener Walliser Rebsorten

Einen Lieblingswein hat Chosy Chanton nicht. Doch er bevorzugt Weisswein. «Im vorherigen Jahr hat mir der Plantscher imponiert. Wir sind weltweit die Einzigen, die diese weisse Sorte vinifizieren. Gastronomen, die Plantscher anbieten, müssen diesen Wein ihren Gästen erklären. Er passt jedoch hervorragend zu Fisch, Fondue und Raclette. Letztes Jahr ist mir beim Abfüllen der Himbertscha – auch eine Chanton-Exklusivität – besonders aufgefallen.» Beide Sorten gehören zusammen mit Lafnetscha, Gwäss und Resi zu den alten Walliser Reben, die er vor dem Aussterben bewahrt hat.  «Alte Sorten sind resistenter gegen Pilzkrankheiten als neuere. Viele sind zudem spätreif. Das kommt dem Klimawandel entgegen», erklärt der Winzer. Die alten Sorten seien zudem nicht austauschbar wie die internationalen Sorten Chardonnay oder Merlot. Am liebsten mag Chosy Chanton Weine aus kleinen Erträgen – etwa der Hälfte der Menge, welche die AOC-Regeln erlauben –, die mit traubeneigenen Hefen vergären und denen der Winzer Zeit lässt. Knackig frisch und ohne biologischen Säureabbau ist ganz nach seinem Geschmack. «Trocken und säurebetont gefällt zunehmend auch den Jungen», stellt er fest. Bei Rotweinen mag er keine Restsüsse, und zu viel Holz gefällt ihm auch nicht.

Und noch etwas: Chosy Chanton gilt als Vater des Heida. Die Spezialität aus Visperterminen wird heute auch im Unterwallis unter dem Namen Païen angebaut.

Vom Wallis ins Land der Achttausender 

Für einen Einsatz in Nepal hatte Chosy Chanton 500 Stecklinge Heida im Gepäck. In der Nähe von Kathmandu, auf rund 1600 Meter über Meer, betreut er ein weiteres SEC-Projekt. Er hilft Kumar Karki, dem Erbauer eines Hotelresorts und Pionier für Rebpflanzungen in Nepal. Mit dem Rebbau wird das Land vor Erosion geschützt. Auch wurden 50 fair entlöhnte Stellen geschaffen. «Im Juli 2018 ernteten und pressten wir die ersten Heida-Trauben. Im Charakter gleicht der Wein unserem Heida, jedoch mit weniger Kraft und höherer Säure», sagt Chosy Chanton.

Vorerst ruhen die SEC-Projekte. Nicht aber Chosy Chanton. Zu Hause im Wallis hilft der 77-Jährige immer noch in den Reben und im Keller oder fährt eine Runde Motorrad.

(Gabriel Tinguely)


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