Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Die Schokolade der Zukunft

Der Umsatz mit Schokolade sinkt. Mit Innovationen und Weltneuheiten wollen sich hiesige Produzenten zurück an die Weltspitze bringen. Auch Köche reden mit.

  • Schokolade und Pralinés, die in allen Regenbogenfarben schillern und leuchten – diese neue Entwicklung von Sandro Zinggeler sorgt aktuell für Aufmerksamkeit in der Lebensmittelbranche. (ZVG)
  • Der neue Schokoladen-3D-Drucker druckt bisher unmögliche Schokoladenformen. Egal ob Würfel, Früchte oder Logos.
  • Sandro Zinggeler gewann diverse Kochwettbewerbe, arbeitete in verschiedenen Gourmetrestaurants und ist auch am TV zu sehen.

Corona-Krise und standortschädliche Regulierungen setzen dem Produktionsstandor t Schweiz zu. Der Umsatz an Schokolade ist im zweiten Halbjahr um 20 Prozent eingebrochen. Die Negativentwicklung betreffe sowohl das Inland- wie auch das Exportgeschäft, so Chocosuisse, der Verband der Schokoladenfabrikanten. Stark betroffen sind das weltweite Travel Retail Business und das Geschäft mit der internationalen Hotel-, Kongress- und Reisegastronomie.

Erich Keller, stellvertretender Verkaufsleiter des Schokoladenherstellers Max Felchlin AG in Ibach/SZ, bemerkte bis Ende Oktober vor allem Umsatzrückgänge im Gastro- und Industriebereich sowie im Export. «Der Gewerbemarkt mit den Bäckereien, Konditoreien, Confiserien und Chocolaterien hingegen performte relativ gut. In diesem Bereich mussten wir keine grossen Rückgänge verzeichnen.» Diese Geschäfte durften im Vergleich zur Gastronomie immer offen haben.

«Wir mussten und wollten uns bewegen. Wer stillsteht, hat verloren.» 


Um den Rückgang aufzuhalten, hat die Firma Felchlin sofort Innovationen entwickelt und auf den Markt gebracht. «Mit dem neuen Felchlin Ice Tea, gesüsst mit Kakaofruchtsaft, bieten wir eine Innovation. Mit unserer neuen Kakaofrucht-Couverture – bestehend aus Kakaomasse und Kakaofruchtsaft – konnten wir gar eine Weltneuheit präsentieren», so Erich Keller. Als erstes Unternehmen der Welt bietet die Firma ein Produkt ausschliesslich aus der Kakaofrucht an.

Erste Couverture ohne Zucker, dafür mit spannender Säure

Keller sieht in der neuen Couverture aus bolivianischen Kakaobohnen, gesüsst ausschliesslich mit Kakaofruchtsaft aus Ghana, ein immenses Potenzial. «Das bisher ungenutzte Fruchtfleisch bringt eine völlig neue Geschmackskomponente in die Welt der Schokolade. Zudem kommt das Produkt vollständig ohne Zucker aus», so Keller. Er denkt, dass die neue Couverture zur bestverkauften auf dem Halbfabrikatemarkt werden könnte. So wie dies mit ihrer «Maracaibo Clasificado 65 %» passierte, welche die Max Felchlin AG vor 20 Jahren auf den Markt brachte. Als kleines Traditionsunternehmen fehlen der Firma die Mittel, um in kurzer Zeit den Weltmarkt über diese Weltneuheit zu informieren. Im Schweizer Markt hingegen konnte sie das Produkt gut platzieren. «Mit ‹Sprüngli› haben wir einen Kunden, der auf das Halbfabrikat setzt und damit Produkte wie Truffes und Luxemburgerli herstellt», erläutert Keller. Das «Chedi» in Andermatt verwendet die neue Couverture für Desserts. Versuchsweise wurden schon Espumas, Cakes, Karamell, Pralinen und Sorbets mit der neuen Couverture gesüsst. «Die neue Schokolade ohne Zucker ist eine tolle Neuheit für Pâtissiers», sagt Erich Keller. «Ich vermute, dass dieses Produkt sogar im salzigen Bereich Bestand haben kann. Genau dort sind die Säuren der Frucht spannend.» Die Max Felchlin AG hat eine Auswahl an Rezepten herausgegeben, um ihre Kunden diesbezüglich zu unterstützen.

Schokoladen-3D-Drucker mitentwickelt

Die Firma Felchlin ist auf dem Schweizer Markt bekannt für die Qualität ihrer Couverturen, aber auch in Sachen Innovation hat sie sich einen Namen gemacht. Deshalb ist die Ostschweizer Fachhochschule (OST) auf sie zugekommen. Inspiriert durch die Schokoladenbeschriftungen auf Torten, Lebkuchen und sonstigem Gebäck, haben Studierende und Ingenieure mit der Unterstützung der Max Felchlin AG den Chocoformer, einen Schokoladen-3DDrucker, entwickelt. Die Firma hat den Studierenden die Feinheiten bei der Verarbeitung der Couverture aufgezeigt. Weiter hat sie geholfen, die entscheidenden Parameter für das 3D-Drucken von unterschiedlichen Premium-Couverturen zu ermitteln.

Neuartige Formen entstehen

Der Schokoladen-3D-Drucker hat verschiedene Anwendungsgebiete, wobei unter anderem die Kreationen von Confiseuren mit moderner Präzision ergänzt und unterstützt werden können. Es können damit Schokoladenkreationen umgesetzt werden, welche durch herkömmliche Fertigungsverfahren – wie das Giessen in eine Form – unmöglich herstellbar sind: beispielsweise eine Vase oder das Gerüst eines Würfels aus Schokolade. Solche Schokoladenobjekte können mit verschiedenen Zutaten gefüllt und etwa als Dessert serviert werden.

Eigene Schokoladensujets kreieren

Weiter ist es möglich, vor Ort in einem Verkaufslokal oder über einen Onlineshop Schokoladensujets mit eigenen Kreationen oder einem Namen zu personalisieren. Damit es für Confiseure, Köche oder Pâtissiers möglich ist, eigene Schokoladenkreationen umzusetzen, hat die OST eine App entwickelt. Es kann ein Text eingegeben oder eine Zeichnung auf einem Touchscreen selbst erstellt werden. Dazu wird zwischen verschiedenen vorgegebenen Unterlagen wie gegossenen Schokoladenformen, Keksen, Lebkuchen und noch mehr ausgewählt. Ist der Text oder die Zeichnung mittels Touchstift eingegeben und die Unterlage definiert, kann der Druck gestartet werden. Die persönlich kreierte Dekoration wird dann direkt über die App mit dem Chocoformer gezeichnet. So können verschiedene Geschenke und Köstlichkeiten in kurzer Zeit personalisiert werden.

Das Interesse am Chocoformer ist gross: «Wir bekommen wöchentlich mehrere Anfragen», sagt Daniel Schwendemann, Professor an der OST. Noch ist das Gerät ein Prototyp der OST und nicht auf dem Markt erhältlich. 

«Corona gab uns einen Schub. Die ruhige Zeit ist auch eine Chance.»


Personalisieren ist auch für Sandro Zinggeler ein wichtiges Stichwort. Der 30-jährige Koch entwickelte mit seinem Bruder Marc, Ingenieur am Forschungs- und Ent w ick lungszentr um CSEM, eine Folie, die Schokolade und Pralinés farbig schimmern lässt. Ende dieses Monats bringen sie ihre Chocofoil auf den Markt. In einem nächsten Schritt bieten die Brüder neben weiteren Designs personalisierbare Folien an.

Sandro Zinggeler machte sich in der Branche erstmals einen Namen, als er 2009 den Wettbewerb La Cuisine des Jeunes gewann. Nach einigen Jahren in der Spitzengastronomie konzipiert er heute Gastrokonzepte, steht als Moderator vor der Kamera und führt eine Firma für innovative Caterings. Letztere steht dieses Jahr coronabedingt mehrheitlich still. Für Chocofoil war dies aber eine Chance. «Corona gab uns einen Schub», so Zinggeler. Denn obwohl sie merkten, dass ihre farbig schimmernden Schokoladenprodukte den Menschen grosse Freude bereiteten, ging die Weiterentwicklung ihres Produkts im Berufsleben etwas unter.

Schimmernd wie die Flügel eines Schmetterlings

Die Chocofoil ist eine lebensmittelechte Folie mit einer strukturierten Oberfläche, welche es ermöglicht, Farbeffekte auf Schokolade zu erzeugen. Je nach Betrachtungswinkel erscheint die Oberfläche der Schokolade in den verschiedensten Regenbogenfarben, was allein durch die von der Folie übertragenen Strukturen ausgelöst wird. «Es ist das Schönste, was ich in der Küche je gesehen habe», so Sandro Zinggeler. Die Chocofoil sei sein Soul Food in diesem schwierigen Jahr.

Um die Objekte schimmern zu lassen, wird die Folie auf die leicht angeschmolzene oder flüssige Schokolade aufgebracht und nach dem Aushärten wieder entfernt. «Wir wollen mit unseren Folien Köche dazu inspirieren, Tests mit anderen schokoladenartigen Lebensmitteln zu machen.» Als Tipp gibt er experimentierfreudigen Köchen mit auf den Weg, dass der Effekt auf dunklem Hintergrund stärker wirkt.

(Sarah Sidler)


Max Felchlin und Chocofoil

Etablierter Player

Seit mehr als einem Jahrhundert ist Felchlin eines der führenden Unternehmen in der Herstellung von Schweizer Schokolade und Halbfabrikaten. Vom KakaoAnbau bis zur Veredelung: Qualität, Transparenz und Nachhaltigkeit stehen für die Nischenproduzentin aus der Zentralschweiz im Fokus. Sei es in ihrer direkten Zusammenarbeit mit Kakao-Bauern vor Ort, den B2B-Kunden und Partnern oder bei allen Unternehmensprozessen.

Quereinsteiger

Chocofoil bringt Technologie in die Küche, welche für atemberaubende Effekte sorgt, ganz ohne künstliche Zusatzstoffe oder Qualitätseinbussen. Der erste Geniestreich von Koch Sandro Zinggeler und seinem Bruder, dem Ingenieur Marc, ist die Folie Chocofoil, welche es auf einfachste Weise ermöglicht, Schokolade in Regenbogenfarben schimmern zu lassen.