Digitalisierung nutzen, um Gästen Besonderes zu bieten

Von der Anfrage bis zur Abreise hinterlässt jeder Gast Daten. Moderne Technologien helfen, um diese als Mittel der Kundenbindung zu nutzen.

  • Nach einem Hotel-Aufenthalt die Erinnerung daran aufrecht zu erhalten, weckt bei vielen Gästen Träume für weitere Besuche. (ZVG)
  • Die Kommunikationsmanagerin Katja Richter (48) wohnt in Oberrieden/ZH.

An so genannten Touchpoints entlang der Guest Journey können Gäste mithilfe digitaler Werk-zeuge persönlich angesprochen werden. Neben Chancen für begeisternde Momente gibt es auch «konkrete Potenziale zur Gewinnung von Erträgen», fand das Staatssekretariat für Wirtschaft im Jahr 2018 heraus. An den Touchpoints stehen Lösungen wie die Website mit Onlinebuchung, Kommunikation via Social Media und Mailings, digitale Informationssysteme vor Ort sowie interaktive TV-Systeme zur Verfügung. Überlegungen zum Nutzen dieser digitalen Tools in der Interaktion mit dem Gast beginnen mit der Betrachtung einzelner Phasen der Guest Journey.

Digitalisierung ist ein Muss

Neben der Digitalisierung von internen Prozessen sind auch vielfältige technische Lösungen für Türöffnung, Klimaregulierung im Zimmer und vor allem Content- Management-Systeme (CMS) im Einsatz wie die Studie «Digitalisierung im Schweizer Tourismus» von 2018 belegt. Darüber hinaus versprechen digitale Tools, die im direkten Gästekontakt entlang der Guest Journey eingesetzt werden, und ein gut verwaltetes Customer-Relation-Management-System (CRM) finanziellen Erfolg und eine Differenzierung gegenüber den Mitbewerbern.

Touchpoints entlang der Guest Journey

Potenzielle Gäste werden während der Planungsphase durch die Website und Social Media inspiriert, die neben den relevanten Informationen über das Hotel auch Geschichten aus dem Hotelalltag, der Umgebung und der Vergangenheit des Betriebes erzählen. Im Fokus steht ein «menschlicher» Auftritt. So sind der Betrieb und die Menschen, die dort arbeiten, kein Konstrukt aus schönen Bildern und Worten, sondern werden zu etwas Lebendigem und Nahbarem.

In der Buchungsphase ist ein digitales Angebot wichtig, das inspirierend, informativ und auf die Bedürfnisse des Gastes ausgerichtet ist. Gerade die derzeitige Situation, die vor Ort kürzere Kontaktzeiten mit dem Team erfordert, stellt die Optimierung des Buchungsvorgangs in den Mittelpunkt, um dem Gast das nötige Vertrauen zu vermitteln.

Nach erfolgter Buchung beginnt nun die Phase der Vorfreude, die via CRM oft zu Pre-Stay-Mailings genutzt wird und vor allem dazu dient, Zusatzleistungen zu verkaufen. Meist wird sie in Guest-Journey-Modellen nicht klar identifiziert und bleibt eine ungenutzte Chance, um dem Gast die Vorfreude zu verstärken und sich als gästeorientierter Dienstleister zu präsentieren.

Gästedaten gut zu pflegen, ist mit Aufwand verbunden. Dieser lohnt sich auf lange Sicht durchaus.


Bei der Anreise und vor Ort können digitale Tools wie Informationssysteme eine hervorragende Serviceleistung unterstützen. In dieser Phase bestehen die meisten Möglichkeiten, begeisternde Gästeerlebnisse zu kreieren. Es entsteht nun bestenfalls die Welt, die sich der Gast in den vorangegangenen Phasen ausgemalt hat. Neben der Infrastruktur beeinflussen die Qualität von Informationen, die Kompetenz und das Engagement der Mitarbeitenden das Gästeerlebnis vor Ort.

Wieder zu Hause, werden Erinnerungen geteilt, und es wird über das Erlebte berichtet. Immer wieder wird sich der Gast an besondere Momente erinnern. Neben der Verbindung über Social Media und Newsletter finden sich hier viele Möglichkeiten zu verblüffen und anhand der vorhandenen Informationen individuell mit ihm zu interagieren.

Heutzutage verfügen die meisten Hotels über umfangreiche Gästedaten, die datenschutzkonform in einem gut gepflegten CRM zur Verfügung stehen. Diese können für eine einzigartige Ansprache und beeindruckende Momente genutzt werden.

Je nach digitaler Massnahme und Ausmass ist ein finanzieller Einsatz notwendig und die Kosten sind ein wesentlicher Bestandteil der Überlegungen. Jedoch kann sich dieser auf lange Sicht durchaus lohnen, wenn es darum geht, Gäste zu binden und eine Geschichte zum Weitererzählen zu kreieren. Es ist anzunehmen, dass die kleinen, unerwarteten Gesten neben gutem Feedback und positiven Erinnerungen auch einen Wettbewerbsvorteil sichern.

(mm)


Zur Person

Katja Richter arbeitet als Kommunikations- und Produktmanagerin bei der Ipeak Infosystems GmbH. Vorher war sie über 15 Jahre in der Schweizer Hotellerie – unter anderem in Zermatt – als Front Office Manager und Marketingleiterin tätig. Dieser Fachartikel ist im Rahmen ihrer Weiterbildung für das«Certificate of Advanced Studies – CAS Marketing-Mix für Dienstleistungen» an der Hochschule Luzern entstanden.

www.linkedin.com/in/katjahrichter
www.hslu.ch/smm


Kreative Tipps

Die Guest Journey bildet schrittweise ab, an welchen Stationen eine Interaktion mit dem Gast stattfindet. Entlang dieser entstehen durch die Nutzung von digital erfassten Gästedaten und durch digitale Tools Möglichkeiten für besondere Gäste­erlebnisse. Einige Ideen:

Planungsphase

Menschlichkeit und Nahbarkeit, kommuniziert über die Webseite, Social Media oder Mailings, wecken Sympathie und lassen den Gast sich willkommen fühlen.

Buchungsphase

Ein 360-Grad-Rundumblick pro Zimmer auf der Website ermöglicht eine spezifische Zimmerwahl. Er vermittelt dem Gast Sicherheit im Auswahlprozess und optimiert das Check-in vor Ort.

Vorfreudephase

Der Versand einer persönlichen E-Mail mit Schnappschüssen entlang der empfohlenen Laufroute für den Gast, der als Jogger bekannt ist, kann unmittelbar Vorfreude wecken. Vielleicht warten ja auch Handtuch und Wasserflasche auf ihn? In dieser Phase bietet es sich an, Gästeinformationen nicht ausschliesslich als Verkaufs-, sondern als Kundenbindungsmittel zu nutzen und sich mit hoher Gästeorientierung zu positionieren.

Vor Ort

Haben die Mitarbeitenden die Gäste bisher aufs Zimmer begleitet und ist dies nur eingeschränkt möglich, kann man sie per Live-Video-Chat an die Orte führen, die bisher persönlich vorgestellt wurden. Die Gäste erhalten dabeirelevante Informationen und können sogar Rückfragen stellen. Kontaktzeiten mit dem Team können minimiert werden, ohne auf ein informatives Check-in zu verzichten. Kleine Aufmerksamkeiten und das Engagement für den Gast machen den Unterschied: Stehen die Wasserflasche und das Handtuch für den Jogger im Zimmer? Oder bekommt die Person mit der Laktoseintoleranz neben der pflanzlichen Milch zum Frühstück auch die Willkommensschokolade in der laktosefreien Variante? Darüber werden Gäste gerne berichten.

Nach dem Aufenthalt

Ein Paar wird sich freuen, wenn es am ersten Hochzeitstag einige Impressionen vom Tag ihres Fests erhält, die vom Hotel aufgenommen wurden. Auch das Schenken einer Flasche des Weins, der das Menü begleitete, vergrössert die Wahrscheinlichkeit, dass einer der nächsten Hochzeitstage vor Ort gefeiert wird. Erinnerungen werden geweckt und die Phase «Nach dem Aufenthalt» geht fliessend in die Phase «Idee» über.